Als wir hier im Januar eingezogen sind, hatten wir drei Franzosen die uns im Auftrag der Zügelfirma halfen, die Kisten und Möbel zu tragen. Da dies doch einige Zeit in Anspruch nahm, machte ich uns einen kleinen Imbiss. In dieser Jahreszeit ist es auch hier unfreundlich, nass und kalt. Ich machte also, unter anderem, eine Suppe.
Etwas befremdet staunten wir, als einer der Männer den letzten Rest seiner Suppe mit dem leichten Rotwein anreicherte und den Teller dann an den Mund führte und die Suppe genüsslich schlüpfte. Er hat wohl unser erstaunten Ausdruck im Gesicht bemerkt und sagte dann lächelnd: Faire chabrol! und erklärte uns, warum er das mache:
Im Perigour hat man eine alte Tradition. Das "Faire Chabrol"
Man nehme eine Suppe, meist eine Bouillon mit Gemüsestücke und gibt ihr einen Schuss Rotwein hinein um sie zu verdünnen. Dabei ist der Zeitpunkt der Weinzugabe sehr wichtig. Dies geschieht ganz am Ende wenn nur noch ein Rest Flüssigkeit im Teller ist. Es muss nicht ein hochwertiger Rotwein sein, aber der letzte Schluck wird dann immer direkt vom Teller geschlürft. Diese Tradition macht auch nicht vor Kinder halt, auch bei ihnen wird die Restsuppe noch mit Rotwein verdünnt.
Es gibt ein regionales Sprichwort, das heisst: "Ein chabrol am Tag, Arzt erspart!". Das soll angeblich auch erklären warum die Leute im Périgord so alt werden.
Im lokalen Dialekt sagen die Leute "Fa chabrou". Das übersetzt heisst "wie eine Ziege trinken"weil man ja aus dem Teller schlürft.
Was uns damals noch als befremdet vorkam, wissen wir jetzt, das ist eine Sitte, die man vor allem im Périgord pflegt und wir empfinden es nun als eine Ehre, dass er das damals bereits bei uns gemacht hat. Er fühlte sich sichtlich wohl bei uns.
Es war unser erstes Zusammentreffen von Traditionen des Périgord und falls ihr mal diesen Teil von Frankreich besucht und jemand am Nebentisch im Restaurant Rotwein in seinen Teller giesst und diese dann genüsslich schlürft, dann wisst ihr jetzt, das ist ganz normal! :-)
Wir wünschen Euch ein schönes Wochenende und grüssen Euch herzlich aus dem schönen Périgord noir.
Margrith & Robert
Comments